Digitale Forschung steht für neue Möglichkeiten in der Bearbeitung geisteswissenschaftlicher Fragen durch die Nutzung moderner Informationstechnologien. Das Zentrum ist für Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaftler, die ihr Feld mit moderner Technik voranbringen wollen, erste Anlaufstelle, Berater und Begleiter.
„Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nur eine vage Vorstellung, was sie mithilfe von Informatikwerkzeugen erforschen können. Deshalb geben wir Hilfestellung bei der Auswahl der richtigen Verfahren und Werkzeuge aber ebenso bei der Formulierung der neuartigen wissenschaftlichen Fragestellungen, die mithilfe von IT erstmalig beantwortet werden können“, erklärt Iryna Gurevych, Informatikprofessorin für Ubiquitäre Wissensverarbeitung in Darmstadt und aktuell stellvertretende Sprecherin des Zentrums.
Für die Beratung werden sowohl eine leistungsfähige Infrastruktur als auch das entsprechende Know-how in Darmstadt und Frankfurt aufgebaut. Die Darmstädter Forscher konzentrieren sich auf textanalytische Methoden mit komplexen Werkzeugen, die ein breites Spektrum an Fachrichtungen und Projekten abdecken können. Beispielsweise arbeiten die Forscherinnen und Forscher an der automatischen Erstellung von Persönlichkeitsprofilen in der Kriminalistik auf Basis von Interviewtexten von Verdächtigen. Diese könnten zukünftig die Arbeit von Sozial- und Humanwissenschaftlern, z.B. Gerichtsgutachtern unterstützen.
„Unsere Programme erschließen zwar ganz neue Forschungsmöglichkeiten, aber niemand kann die Intelligenz und das Wissen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ersetzen. Es sind Werkzeuge, um die Unmengen digitaler Daten für die Untersuchungen handhabbar zu machen. Aber Werkzeuge sind immer nur genauso gut wie ihre Nutzer“, betont Gurevych. Bei der Beratung und Begleitung der Projekte profitieren deshalb auch die Informatiker von dem Fachwissen der Geisteswissenschaftler. Denn ohne deren Projektideen und Daten könnten sie die Verfahren und Werkzeuge nicht testen und weiterentwickeln.
Dass die Einrichtung des Zentrums fächerübergreifend einen Nerv trifft zeigen auch die zahlreichen hochkarätigen Partner, die bereits ihr Interesse an einer Zusammenarbeit angemeldet haben: unter anderem die Deutsche Nationalbibliothek, das Städel-Museum und die Harvard University.
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Hintergrund
Das CEDIFOR – Centrum für Digitale Forschung in den Geistes-, Sozial- und Bildungswissenschaften wurde im Dezember 2014 von Forscherinnen und Forschern der TU Darmstadt und der Goethe-Universität Frankfurt sowie des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) gegründet. Verantwortlich eingebunden sind an der TU Darmstadt Prof. Iryna Gurevych sowie die Professorinnen Petra Gehring (Sprach- und Technikphilosophie) und Andrea Rapp (germanistische Computerphilologie).
Das Zentrum führt die Arbeit des LOEWE-Schwerpunktes „Digital Humanities“ fort und wird vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMBF) über drei Jahre mit 2,1 Millionen Euro gefördert. Sprecher sind im Wechselturnus Iryna Gurevych, Informatikprofessorin für Ubiquitäre Wissensverarbeitung in Darmstadt und Jost Gippert, Professor für Empirische Sprachwissenschaft in Frankfurt, bei denen auch die Koordination des neuen Zentrums liegt.
Anne Grauenhorst / sip