Die Ausbildung von Doktorandinnen und Doktoranden im Graduiertenkolleg "Kontrolle über die Strukturbildung von weicher Materie an und mittels Grenzflächen" (GRK 2516) geht in die nächste Runde: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat einer Verlängerung für weitere viereinhalb Jahre zugestimmt und stellt für die zweite Phase ab Januar 2025 rund 5,2 Millionen Euro inklusive Programmpauschale bereit. Das Graduiertenkolleg wurde im Jahr 2020 eingerichtet, um Promovierenden eine interdisziplinäre Ausbildung zu bieten, die sie auf eine erfolgreiche Karriere in der Wissenschaft oder der Wirtschaft vorbereitet. Kern des Qualifizierungsprogramms ist die konsequente Integration von Experiment und Theorie durch Tandemprojekte auf physikalischem und chemischem Gebiet. Neben der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) als Sprecherhochschule sind das Max-Planck-Institut für Polymerforschung Mainz (MPI-P), die TU Darmstadt und – in dieser zweiten Phase neu – die Universität Stuttgart beteiligt.
Prozesse der Strukturbildung verstehen, kontrollieren und aktiv mitgestalten
Von Baumwolle bis Bierschaum, von Wandfarbe bis Wackelpudding – sogenannte weiche Materie ist allgegenwärtig. Auch neue Entwicklungen in der Medizintechnik, in der Energiespeicherung und der Informationstechnologie nutzen weiche Materialien. So unterschiedlich sie auch sind, alle Materialien kennzeichnet gleichermaßen ihr Aggregatzustand zwischen fest und flüssig sowie eine komplexe Struktur. Wie genau diese Strukturen gebildet werden und welches Potenzial den Grenzflächen dabei zukommt, steht im Zentrum der wissenschaftlichen Arbeiten, mit denen sich das GRK 2516 beschäftigt. "Mithilfe der Grenzflächen können wir die Aufbauprozesse der Materialien steuern und damit die Eigenschaften von weicher Materie gezielt beeinflussen", erklärt Prof. Dr. Pol Besenius, Sprecher des Graduiertenkollegs vom Department Chemie der JGU. Als ein Paradebeispiel der Prozessführung und Strukturbildung verweist der Chemiker auf einen Vorgang aus der Natur: Spinnen erzeugen ihre Spinnenseide von der molekularen bis zur Partikel-Ebene in einem hochoptimierten, gesteuerten Prozess.
"In unserem Graduiertenkolleg wollen wir universelle Prinzipien und Konzepte aufdecken, indem wir konkurrierende Pfade im Selbstorganisationsprozess verstehen, kontrollieren und aktiv mitgestalten", ergänzt Prof. Dr. Friederike Schmid, stellvertretende GRK-Sprecherin vom Institut für Physik der JGU. Die Zusammenarbeit von Forschenden der Physik und Chemie zeichnet das Graduiertenkolleg ebenso aus wie die durchgängige Bildung von Tandems aus dem theoretischen und dem experimentellen Bereich. "Die Zusammenarbeit von Theorie und Experiment im Verhältnis eins zu eins ist eine besondere Stärke unseres Graduiertenkollegs und unser Markenzeichen", so Prof. Dr. Pol Besenius.
Partner und Netzwerke unterstützen das Graduiertenkolleg
Inhaltlich ist das Graduiertenkolleg in der zweiten Phase noch breiter aufgestellt als bisher: Die Gruppe der betreuenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist von acht auf nunmehr zwölf gewachsen, wobei vorwiegend junge Forschende hinzukamen wie etwa Juniorprof. Dr. Michael te Vrugt in der Physik. "Wir freuen uns über die frischen Ansätze und Ideen, die unsere neuen Mitglieder einbringen", so Prof. Dr. Friederike Schmid. Neu ist auch die Beteiligung der Universität Stuttgart, nachdem Prof. Dr. Thomas Speck als früherer GRK-Sprecher von Mainz nach Stuttgart gewechselt hat.
Die Universitäten und das Max-Planck-Institut für Polymerforschung bauen somit auf ihrer langjährigen Tradition bei der Erforschung weicher Materie auf. Die Zusammenarbeit zwischen der JGU und der TU Darmstadt wurde unlängst auf ein weiteres Projekt ausgedehnt: Seit einem Jahr bieten die beiden Hochschulen im Verbund der Rhein-Main-Universitäten (RMU) den internationalen Masterstudiengang "Soft Matter and Materials" an. Am Standort Mainz ist hierbei auch das Max-Planck-Institut für Polymerforschung involviert.
Sechs der leitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Graduiertenkollegs, darunter auch Pol Besenius und Friederike Schmid, sind zudem maßgeblich beteiligt am Forschungsverbund CoM2Life, kurz für "Communicating Biomaterials: Convergence Center for Life-Like Soft Materials and Biological Systems", mit dem sich die JGU und die TU Darmstadt in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder um Förderung als Exzellenzcluster bewerben.