Lehre auf Sichthöhe mit der Bankenmetropole
Die Graduate School of Economics, Finance, and Management (GSEFM) ist im Jahr 2008 aus einer Allianz der Goethe-Universität Frankfurt, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Technischen Universität Darmstadt entstanden. Mittlerweile hat sich mit der GSEFM ein herausragendes europäisches Ausbildungszentrum auf Graduiertenebene im Bereich Ökonomie, Finanzen und Management etabliert. Dazu bietet die GSEFM eine Reihe von Doktorandenprogrammen, die sich an amerikanischen Vorbildern orientieren. Zudem profitiert sie von den fächerübergreifenden Kompetenzen der drei Partneruniversitäten. Die Placements der Absolventinnen und Absolventen der GSEFM in Forschungs- und Lehrpositionen im In- und Ausland belegen, dass das Konzept aufgeht.
Wenn Prof. Dr. Christina E. Bannier von der GSEFM erzählt, dann schwingt pure Begeisterung mit. "Wer in dieses Programm aufgenommen wird, hat hinterher einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt." Die Professorin für Corporate Finance an der JGU ist überzeugt: "Dieser Form der Graduiertenausbildung gehört die Zukunft."
Die Kooperation zwischen der Goethe-Universität Frankfurt, der TU Darmstadt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ging aus dem Graduiertenkolleg "Research Training Program in Finance and Monetary Economics" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Doktorandenprogramm in Economics an der Goethe-Universität hervor. "An keiner unserer Universitäten reicht die Zahl der Studierenden auf Promotionsebene in den Wirtschaftswissenschaften aus, um ein wirklich breites Lehrangebot schaffen zu können. Auf Dauer ist das weder von den Frankfurtern noch den Mainzern oder den Darmstädtern allein zu leisten." Also galt es, die Kapazitäten zu bündeln. "Die Goethe-Universität hatte 2001 ein erstes Graduiertenkolleg aufgelegt, das sehr erfolgreich war. Darauf konnten wir aufbauen."
Die Anforderungen an die Studierenden sind hoch. "Die Wirtschaftswissenschaften werden immer anspruchsvoller. Es kommen mittlerweile eine ganze Reihe verschiedenster Methoden zur Anwendung. Das alles müssen unsere Studierenden beherrschen." Aber dem trägt das zweijährige Kursprogramm der Graduiertenschule in besonderer Weise Rechnung. "Gleich im ersten Jahr kommt sehr viel auf die Studierenden zu. Da geht es um Grundlegendes. Die Kernmethoden der Wirtschaftswissenschaften stehen auf dem Programm, auch Statistik und Mathematik. Es ist allerdings keine reine Wiederholung des bisher Gelernten. Die Kurse bewegen sich auf sehr hohem Niveau und bringen den neuesten Stand der Forschung mit ein. Es ist ein sehr rigoroses Programm, das die Studierenden voll in Anspruch nimmt."
Fünf Doktorandenprogramme bietet die GSEFM. Sie decken die Bereiche Economics, Finance, Law & Economics, Management und Marketing ab. Diese Differenzierung kommt dann im zweiten Jahr zum Tragen. "Dann werden die Kurse spezieller. Das sind auch für uns Lehrende aufwendige Veranstaltungen, auf die wir uns besonders sorgfältig vorbereiten."
Mit maximal 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind die Kurse bewusst klein. "Wir gestalten die Präsenzzeiten sehr interaktiv, Ideen werden vorgestellt und diskutiert. Auch für mich ist das bereichernd." Nach zwei Jahren Kursprogramm beginnt die eigentliche Arbeit an der Promotion. "Bis zu diesem Punkt haben wir den Studierenden eine hervorragende Qualifikation vermittelt. Nun kommt die Doktorarbeit selbst, die eigene Forschungsleistung, gewissermaßen noch obendrauf."
Bannier kennt sowohl die Goethe-Universität Frankfurt als auch die JGU aus eigenem Erleben. Im Jahr 2013 wechselte die Professorin vom Main an den Rhein. "Meine Entscheidung, gerade nach Mainz zu gehen, hat sicher auch etwas mit der Graduate School zu tun", sagt sie. "Es ist eine wertvolle wissenschaftliche Community entstanden, mit der ich mich austauschen kann."
Für Bannier ist klar, dass sich die drei Hochschulen in der GSEFM gut ergänzen. "Frankfurt beschäftigt sich sehr mit dem Finanzmarkt, mit Asset Pricing. An der TU Darmstadt wird vieles unter dem Aspekt der Ingenieurwissenschaft betrachtet. Wir Mainzer sind dagegen mehr die Fachleute für Unternehmensfinanzierung und für Regulierungsfragen im politischen Sektor."
In Frankfurt stimmt Prof. Michael Binder, Ph.D., seiner Mainzer Kollegin voll und ganz zu: "Die Etablierung unserer Graduiertenschule war der richtige Weg", sagt der Professor für Internationale Makroökonomik und Empirische Wirtschaftsforschung mit Sitz im House of Finance auf dem historischen Campus Westend der Goethe-Universität. Jenseits des Hochschulgeländes ragen die mächtigen Bankentürme der Finanzmetropole in den Himmel. Das House of Finance, in dem auch die GSEFM zu Hause ist, bleibt mit seinen fünf Etagen dagegen eher auf dem Boden, auch wenn seine imposante Architektur durchaus beeindruckt.
"Unser Standort hier ist ein großer Wettbewerbsvorteil", betont Binder, der auch dem Vorstand der GSEFM vorsitzt. "Und dieser Vorteil besteht nicht nur auf dem Papier, sondern er wird gelebt und genutzt, etwa in dem forschungsorientierten Austausch, den wir in vielen Bereichen pflegen. Teil davon sind die wöchentlichen Kolloquien und Seminare mit Institutionen wie der Europäischen Zentralbank und der Deutschen Bundesbank, die natürlich auch den Studierenden der Graduiertenschule offenstehen."
Rund 60 Professorinnen und Professoren der drei Rhein-Main-Universitäten engagieren sich an der Graduiertenschule. "Wenn wir die beiden Komponenten Lehre und Dissertationsbetreuung in Betracht ziehen, brauchen wir das, gerade weil wir den Studierenden viele Möglichkeiten der Spezialisierung anbieten wollen." Und dass das Modell der GSEFM funktioniert, beweist schon ein Blick auf die rund 250 Studierenden. "Etwa die Hälfte kommt aus dem Ausland, wobei China und der Iran besonders stark vertreten sind. Insgesamt zählen wir 50 Nationalitäten an der GSEFM." Die Anziehungskraft ist also groß.
"Sicher spielt da Frankfurt als bedeutende internationale Finanzmetropole eine wichtige Rolle. Im Bereich der Geld- und Finanzmarktpolitik haben die Studierenden direkt hier vor Ort die besondere Chance, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Wer sich zum Beispiel in einem Praktikum bei der Europäischen Zentralbank bewährt, wird dort später natürlich einen Wettbewerbsvorteil haben." Binder hebt aber ausdrücklich hervor: "Es gibt zwar den Austausch mit großen Finanzinstitutionen, aber die Forschung ist keine Auftragsforschung. Alle an der GSEFM Wirkenden müssen unabhängig sein und bleiben."
"Wenn wir auf das Placement unserer Doktorandinnen und Doktoranden schauen, blicken wir zuerst auf die Wissenschaft: Wer profiliert sich an renommierten Universitäten? Das ist für uns am relevantesten und wir stehen sehr gut da." Binder erwähnt Placements zum Beispiel an den Universitäten von Cambridge und Oxford sowie an der renommierten INSEAD Business School. "Placements in den Forschungsabteilungen der Zentralbanken, beim Internationalen Währungsfonds oder der Weltbank sind für die Etablierung der GSEFM ebenfalls ein Gewinn, wenn auch in einem anderen Ausmaß als Lehr- und Forschungsstellen an renommierten Universitäten."
In Darmstadt engagiert sich Prof. Dr. Volker Nitsch besonders für die GSEFM. Der Fachmann für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der TU räumt zwar ein, dass die Graduiertenschule als Kooperationsprojekt nicht einzig dasteht in Deutschland – aber er stellt klar: "Solche Zusammenschlüsse wirken oft wie künstliche Gebilde. Meist bieten sie nur punktuell Lehrveranstaltungen: Ein Spezialist einer der teilnehmenden Universitäten bietet ein Seminar zum Thema XY an und die Doktoranden reisen dann zu diesen Lehrveranstaltungen. Was fehlt, sind stetige, gut strukturierte und durchgeplante Programme an einem Standort. Genau das bieten wir mit unserer Graduate School."
Zum reichen Lehrangebot der GSEFM trägt die TU Darmstadt eine eigene Facette bei: Prof. Dr. Volker Caspari hat sich auf die historische Entwicklung der Wirtschaftstheorien spezialisiert. "Es wird den Wirtschaftswissenschaften heute manchmal vorgeworfen, dass sie zu abstrakt, zu mathematisch arbeiten", sagt Nitsch. "Wer Keynes gelesen hat, der hätte die Bankenkrise vorausahnen können, heißt es. Mein Kollege kennt sich aus mit den Klassikern der Wirtschaftstheorie. Er bringt diesen historischen Aspekt mit ein." Casparis Verbindung zur Goethe-Universität in Frankfurt ist eng: Er studierte und lehrte dort. "Er ist sehr engagiert in der Lehre an der Graduate School."
Nitsch selbst betreut eine GSEFM-Doktorandin aus China, die auf seinem Fachgebiet, der internationalen Wirtschaft, arbeitet. "Wir können die Graduate School auf vielfältige Weise unterstützen“, meint er dazu, "es muss nicht zwingend nur über die Lehre sein. Wenn ich eine Stelle für eine Doktorandin oder einen Doktoranden ausschreibe, kann ich eine Bewerberin oder einen Bewerber rekrutieren. Ich kann mir aber auch den Pool an hervorragenden internationalen Nachwuchskräften bei der GSEFM anschauen. Über solche Angebote gebe ich ihnen eine Chance, ihr Studium im Rahmen des Doktorandenprogramms zu finanzieren."
Dass sich die Universitäten Frankfurt, Mainz und Darmstadt über Einzelprojekte hinaus jüngst in einem trilateralen Abkommen zur Allianz der Rhein-Main-Universitäten zusammengeschlossen haben, freut Nitsch. In diesem Zusammenhang sieht er die Graduiertenschule als Vorreiter: "Die Teilnahme an Meetings und der kurze Dienstweg unter den Kolleginnen und Kollegen der GSEFM funktioniert seit Jahren einwandfrei. Wir leben vor, wie hervorragend eine hochschulübergreifende Kooperation funktionieren kann. Alle drei Kooperationspartner liefern einen wichtigen Beitrag und alle drei profitieren enorm von diesem Gemeinschaftsprojekt."